Diesen Dokumentarfilm habe ich mir angesehen und mehr geheult als bei manch einer Hollywood Schnulze. Warum? Weil er bewegend ist und ich mich leider auch angesprochen gefühlt habe.

Der Film erzählt die Geschichte von Taryn Brumfitt, ihre Auseinandersetzung mit ihrer Figur und der Unzufriedenheit, unter der sie litt. Einer Umfrage zufolge sind 91 % der Frauen nicht zufrieden mit ihrem Körper. In dem Film werden Ursachen hierfür ausgemacht.

Sie erzählt erst ihre eigene Geschichte, wie sie nach der Geburt ihres ersten Kindes anfängt ihren Körper regelrecht zu hassen. Sie will ihren alten Körper zurück und fängt auf Anraten einer Freundin an, für einen Body Building Contest, zu trainieren. Sie schafft es, mit Schweiß, Verzicht, Diät und auf Kosten der Familie bis auf die Bühne. Selbst die anderen Teilnehmerinnen bei diesem Wettbewerb mit vermeintlich perfekten Proportionen erzählen sich hinter der Bühne, wie unzufrieden sie mir ihren Körpern sind und welche Veränderung sie gerne noch hätten. Als Taryn spürt, dass das Erreichen ihres Zieles sie auch nicht glücklich macht, kommt sie ins Nachdenken. Es folgen in kurzer Zeit zwei weitere Schwangerschaften, die nicht spurlos an ihrem Körper vorbeigehen. Oh, Wunder! Sie überlegt nach der dritten Entbindung sich operieren zu lassen. Fettabsaugung und Bauchstraffung sollen ihr die Liebe für ihren Körper zurückgeben. Als sie ihre kleine Tochter beim unbeschwerten Spielen beobachtet, wird ihr bewusst, dass sie mit der OP ein Zeichen, eine Message aussenden würde. An ihre Tochter und an all die Frauen da draußen, die auch nicht den perfekten Werbeplakatkörper haben (den haben übrigens noch nicht einmal die Models auf den Plakaten bzw. in den Online oder TV Werbungen, Photoshop macht es möglich). Die Botschaft, nicht genug zu sein, nicht schön genug, nicht dünn genug, nicht liebenswert genug, wird damit übermittelt oder mal wieder bestätigt.

Diese Botschaft hat sich in den meisten von uns verankert, denke ich. Werbung und Perfektionismus sei Dank.

Leider bin ich nicht frei davon, Teile meines Körpers zu hassen, nicht zu mögen oder zu verachten. Ich bin schlank, hatte aber spätestens nach der Pubertät und ca. mit Beginn der Antibabypilleneinnahme (von der ich übrigens nur abraten kann, aber das ist ein anderes umfassendes Thema) sehr dicke bzw stämmige Beine. Ja, stämmig ist genau der richtige Ausdruck, wie zwei Baumstämme eben, ohne Proportionen, einfach zwei kräftige Säulen, die anscheinend auch einen schmalen Übergang zu den Füßen unnötig fanden. Ich lebte damit, mit langen Hosen meistens. Röcke fand ich toll, wenn sie nicht an meinem Leib waren.

Weil ich es gern rustikal mag, habe ich irgendwann für mich entdeckt, dass eine kurze Hose mit klobigen Boots, die leicht aufgestellt waren ganz cool aussehen und den fehlenden zarten Übergang zum Fuß (der Volksmund nennt es Knöchel) kaschierten. So traute ich mich eines Tages in meine eigene Gaststätte, ca. Mitte der Neunziger, um zu arbeiten. Der erste Stammgast, oder sollte ich sagen stämmige Gast?, kommt rein und sagt:

„Ein Alt und ein Wild Turkey, bitte. Oh man, was sind das denn für Kampfwaden!?“

Ich fand mich eh schon ziemlich mutig und dachte, es sieht nur ein bisschen scheiße aus, aber nach diesem Satz habe ich mich sofort ganz schrecklich gefühlt und dachte, es sieht unerträglich für andere aus und sie bekommen davon eine schlimme Augenkrankheit. Ich weiß nicht mehr, ob ich mich umgezogen habe, aber ich weiß, dass ich fortan keine kurze Hose mehr getragen habe, egal wie heiß es draußen war. Erst in einem Ostsee Urlaub hat mich meine Tochter, ca. 20 Jahre später, ermutigt, mir eine kurze Hose zu kaufen, die ich tatsächlich auch getragen habe, aber nur dort, wo mich niemand kennt oder mich jemals wiedersieht. Ich habe sie immer noch im Schrank liegen. Velbert kennt diese Hose nicht.

Übrigens hat in demselben Lokal ungefähr zur gleichen Zeit, ein weiterer Gast zu einer lieben Freundin gesagt:

„Ist das da Cellulite an deinen Oberarmen?“

Tja, was soll ich sagen. Wir waren beide Anfang/Mitte zwanzig. Jung, witzig, intelligent und das Leben  noch vor uns. Aber was glaubst du? Hat diese Freundin aufgehört kurzärmelige T-Shirts oder gar Tops zu tragen?

Ja, leider. Natürlich kann man jetzt denken, dass man sich davon ja nicht unterkriegen lassen muss, aber je nach psychischer Konstitution oder Werte aus der Vergangenheit und das Gefühl in diesem Moment, kann so etwas dermaßen einschlagen, dass man sich so unfrei fühlt und lieber bestimmte Dinge nicht mehr tut bzw trägt. Klingt banal, ist es aber nicht für einige Menschen.

Deswegen eine Bitte: Achte auf deine Wortwahl!

Leider gehör(t)e ich auch zu der Spezies, die schnell einen Brüller rauskloppt, bevor sie nachdenkt und Menschen damit verletzt, was nie meine Absicht war oder ist, aber darum geht es auch nicht. Es geht nur darum, was beim anderen ankommt, und nicht, ob es nur witzig gemeint war. Sollte das gerade in diesem Moment jemand lesen, der durch mich davon betroffen ist, entschuldige ich mich aufrichtig!

Die beiden o.g. Männer haben wahrscheinlich nicht eine Sekunde darüber nachgedacht oder gar Böses im Schilde geführt und dennoch so eine immense Wirkung erzielt. 

Mein Leben ist evt. nicht so krass  vom Bodyshaming beeinflusst wie das von anderen Menschen, aber krass genug, um darüber zu schreiben und das Thema aufzugreifen.

Ich bin älter und gelassener geworden, Mutter, und auf dem Yogaweg. Man versteht mit der Zeit, das andere Werte eine wichtige Rolle spielen, wie gesund sein, ein gesundes Kind zu haben, Lebensfreude zu entwickeln und dankbar zu sein. Vor allem das! Warum sind wir nicht dankbar für dieses Wunderwerk Körper, der uns durch das Leben trägt, tanzen kann, uns erbeben lässt, uns schöne, aber auch unschöne Empfindungen beschert, eine Gänsehaut bereiten und Leben schenken kann? Ein Körper, der Liebe geben und empfangen kann, wenn wir offen dafür sind. Was entgeht uns, wenn wir uns nicht wohl in unserer Haut fühlen? Wahrscheinlich das Leben, es entgeht uns so viel Leben, Freiheit und Freude und bestimmt noch einiges mehr. Ich kenne niemanden, der sich zu 100 % wohl in seinem Körper fühlt und oder sich so liebt, wie er eben aussieht. Du? Bist du es oder kennst du jemanden?

Wenn es etwas gibt, was du verändern möchtest, egal, ob Gewichtsabnahme oder Zunahme oder der Wunsch nach mehr Sportlichkeit um besser und gesünder leben zu können, dann verstehe ich das und heiße es auch gut. Mach dich auf, deine (realistischen) Ziele zu erreichen, aber lass dir Zeit und vergiss dabei nicht, dich jetzt schon lieb zu haben. Denn sonst könnte es sein, dass dein Leben an dir vorbei rast und du lebenslang damit beschäftigtst warst, Krieg gegen deinen Körper zu führen und dich zu optimieren, ohne jemals dein gewünschte Zufriedenheit erreicht zu haben.

Ich habe mit Yoga vielleicht keine schöneren Beine bekommen, aber ein schöneres Gefühl, ein im Frieden sein mit meinen beiden Bäumen und die Einsicht, dass diese beiden knöchellosen Bäume wahrscheinlich u.a. mit dafür verantwortlich sind, dass mich nichts so schnell umpustet. Dicke Bäume haben dicke Wurzeln. Außerdem können sie tanzen und hüpfen. Hüpf doch mal wieder. Wann bist du das letzte mal gehüpft? Do not forget to hüpf!

Ich möchte, dass es uns gut geht, wir aufhören uns für unsere Körper zu schämen und wir so glücklich und zufrieden sind wie es nur geht und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Nämlich eine gute Zeit zu haben hier auf der Erde, sich selbst und anderen eine Freude sein und Dinge tun, die man liebt.

Wenn du einen funktionierenden Körper hast, dann mach dir ein schönes Leben!

JETZT!

…und guck den Film!